Bürgerschaftssitzung 26. März 2025

Hier finden Sie den aktuellen Bericht aus der Bürgerschaftssitzung, verfasst von unserem Bürgerschaftsmitglied Dr. Stefan Posselt.
Auf der heutigen Sitzung der Rostocker Bürgerschaft wurde es steinig: Straßen, Bordsteinkanten und die Wiedererrichtung eines Gedenksteins lagen im Fokus der Debatte. Zuvor diskutierten wir auf Antrag des BSW, in wie weit die ehrenamtlichen Sitzung der kommunalen Gremien öffentlich präsenter sein könnten. Vor allem die öffentliche Wahrnehmung der Ortsbeiratssitzungen und Liveübertragungen der Bürgerschaftssitzungen soll nun verbessert werden. Für die SPD-Fraktion ordnete Sandra Wandt die Anträge ein: „Die Menschen kommen sehr wohl in die Ortsbeiräte, wenn sie betroffen sind. Nach den relevanten Punkten gehen viele aber wieder. Daher müssen wir schauen, wie wir die Menschen für die gesamte Kommunalpolitik interessieren können“. Vor allem die Nutzung der Ortsbeiratsbudgets sind hier ein wichtiger Baustein. Die Intention des BSW und die Änderungsanträge gehen somit in eine richtige Richtung - Sie sollten aber nicht den Eindruck entstehen lassen, dass bisher wenig bis gar nichts geschehen sei.
Anschließend diskutierten wir einen Antrag aus dem Ortsbeirat Gelsdorf einen Gedenkstein auf dem Kirchenplatz an seinem ursprünglichen Standort wieder zu erreichten und mit einer neuen Inschrift zu versehen. Es gibt und gab lange den Stein, der an die Opfer des Ersten Weltkrieges erinnerte. Dieser möge nun ergänzt werden und auf die Opfer aller Kriege und von allen Gewaltherrschaften hinweisen. Dem Ortsbeirat war hier sehr wichtig, dass insbesondere die Geschichte des Gehlsdorfer Gedenksteins aufgezeigt wird und ggf. auch auf die anderen Gedenkstätten in Gehlsdorf (am Zentrum für Nervenheilkunde für die Opfer der Nazi-Diktatur - insbesondere der Zwangssterilisation und Euthanasie und auf dem Michaelshof – insbesondere für die während der NS-Zeit ermordeten 22 Kinder und Jugendlichen des Michaelshofes) hingewiesen werden. Sehr deutlich zur Kenntnis genommen haben wir hier, dass sich die Fraktion der AFD bei diesem Vorhaben zur Errichtung eines Gedenksteins bzgl. der NS-Gewaltherrschaft enthalten hat. Alle anderen Fraktionen stimmten dem Antrag zu.
Auch die Initiative der CDU zur Wiedereinrichtung eines Wahllokals für Diedrichshagen unterstützten wir und auch dieser Antrag fand eine breite Mehrheit. Ebenfalls unterstützen wir den Vorschlag der Linken, die Ansagen im ÖPNV an touristisch relevanten Standorten künftig in zwei Sprachen zu veröffentlichen: Neben Deutsch soll nun Englisch angeboten werden. Fasziniert nahmen wir zur Kenntnis, dass sich alle Fraktionen quasi einig waren. Dennoch kamen viele Wortmeldungen zusammen, die nochmal das bereits Gesagte betonen mussten.
Zugunsten einer größeren Barrierefreiheit diskutierte die Bürgerschaft eine stadtweite Bestandsaufnahme unter Federführung der Ortsbeirate zur behelfsmäßigen Abschrägung von erhöhten Bordsteinen an relevanten Kreuzungsbereichen. Die CDU wollte so möglichst unkompliziert und schnell für Abhilfe sorgen. Für die SPD-Fraktion brachte Steffi Manske einige Änderungshinweise ein: „Der Antrag ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Wir haben daher mit unserem Änderungsantrag einige Punkte verbessert, damit die Teilhabe wirklich aller Menschen möglich ist. Eine simple Absenkung des Bordsteins führt zu einer Gefährdung der Seh- und Gehbehinderten, da die Behelfslösung keinen Taststein beinhalten wird“. Auch würde der notwendige Ausgleich der Bordsteinsteigung bei einem Hochbord eine notwendige Länge von 2 Metern raus auf die Fahrbahn beinhalten. Kurzum: Auch eine Behelfslösung bedarf einiger Rahmenbedingungen, deren Wirkung nicht schlimmer als das Problem sein darf. Dankenswerterweise folgte eine Mehrheit der Rostocker Bürgerschaft unserem Änderungsantrag, womit die gute Idee der CDU nun korrekt auf den Weg gebracht werden konnte.
Sehr intensiv wurde der Antrag der FPD zum vermeidlichen Bürokratieinfarkt in Rostock diskutiert. Inhaltlich zielt der Antrag durchaus auf eine Herausforderung, mit der wir uns regelmäßig auseinandersetzen. Doch leider versteckt sich der Antrag hinter einem sehr tendenziösen Titel. Auch wenn die Zahl der bürokratischen Regelungen auf den ersten Blick sehr groß ist, wird es beim genauen Blick sehr kompliziert: Konzepte und Satzungen existieren nur selten zum Selbstzweck. Rostock regelt die Müllabfuhr, den Verbot des Möwenfütterns am Alten Strom oder auch Fragen des Parkens und der Mobilität. „Der Antrag drückt sich an dieser Stelle wieder davor, klar zu benennen, was genau denn überflüssig sei“, kritisierte Anke Knitter für die SPD-Fraktion. Denn nur ein konkreter Vorschlag, was denn zu ändern wäre, wäre zielführend. Diese leistet dieser Antrag leider nicht. Folglich lehnten wir diesen ab, was auch eine Mehrheit der Rostocker Bürgerschaft tat.
Nach der Pause widmete sich die Rostocker Bürgerschaft einiger Beschlussvorlagen – Unter anderem befassten wir uns mit der Frage, wie ein Änderungsantrag aus dem (alten) Ortsbeirat Biestow zum UFK zum Schutz der Biestower Feldflur behandelt werden sollte. Der Gedanke des Beirates war dabei, dass die Gebiete am Stadtrand von Rostock besonders wichtig bei der Entstehung von Kaltluft sind, da diese anschließend die innerstädtischen Stadtteile kühlt. Die Verwaltung bemühte sich, diesem Sonderfaktor Rechnung zu tragen und bot über die Beschlussvorlage die Aufnahme einer für Biestow gesonderten Anlage des UFK an. So sollte die Wirkung der Kaltluftentstehung und -strömung in die Innenstadt transparent abgebildet werden. Die Entscheidung zu dem Vorschlag machten wir uns nicht leicht. Denn das Angebot der Verwaltung kommt dem Ortsbeirat durchaus entgegen – Ein Teil der Fraktion zweifelte aber die Wirkung dieses Vorschlages an: Das UFK wird später in Konkurrenz zu Fragen anderer Flächennutzungen stehen und der Vorschlag des Ortsbeirates war hier weitergehender. Folglich stimmten einige Mitglieder der Fraktion für, andere gegen die Beschlussvorlage. Eine große Mehrheit der Bürgerschaft nahm den Vorschlag der Verwaltung an.
Überraschend leidenschaftlich diskutiert wurde (erneut) die Kurabgabesatzung. Die FDP sprach der Satzung erneut die Eignung ab und plädierte für eine Ablehnung der Satzung. Mehrere Mitglieder unserer Fraktion sprangen in die Bresche und warben sehr deutlich für die Satzung. Denn ohne diese würden der Stadt Millionenbeträge verloren gehen. Durchaus knapp wurde die Beschlussvorlage angenommen.
Ausgehend vom ausdrücklichen Wunsch der Rostocker Bürgerschaft zur Beschleunigung von B-Plänen legte die Verwaltung heute die ersten B-Plan vor: Das Wohngebiet Nobelstraße – Einem Anschlussgebiet an den Bestand von Biestow mit etwa 400 Wohneinheiten. Direkt neben diesem Gebiet plant die Gemeinde Papendorf eine zusätzliche Bebauung von 400 Wohneinheiten. Auch hierzu brachte sich der Ortsbeirat Biestow mit einigen Änderungsanträgen ein. Dr. Stefan Posselt erklärte die Intention dieser Änderungsanträge: „Mitnichten geht es dem Ortsbeirat Biestow darum, die Bebauung grundsätzlich in Abrede zu stellen. Mit vier Änderungsanträgen wollen wir nur die wesentlichsten Punkte der Planung anpassen, so dass diese am besten zum Wohnungsbestand passt“. Gegenwind gab es aus mehreren Fraktionen: Partikularinteresse sollten nie über gesamtstädtischen Interessen stehen, hieß es dann. Selbst der Einsatz von Legosteinen zur Illustration der Ortsbeirats-Vorschläge führte nicht zum gewünschten Erfolg. Am Ende stimmte nur die Mehrheit der SPD-Fraktion, wenige Grüne und der Rostocker Bund zu, womit sämtliche Änderungsanträge abgelehnt wurden. Die eigentliche Auslegung fand dagegen eine breite Mehrheit der Rostocker Bürgerschaft und wurde auch die SPD-Fraktion gestützt.
Ehrlich machten musste sich die Rostocker Bürgerschaft kurz vor Ende der Sitzung. Denn die Festlegung des Finanzrahmens für den Haushalt 2026/2027 orientiert sich an gänzlich anderen Bedingungen, wie die aus den vorherigen Jahren. Nachdem wir jahrelang mit Überschüssen gesegnet waren, geht die Stadt im Ergebnishaushalt nun von einem jährlichen Defizit von mindestens 45 bis 50 Mio. Euro aus. Sehr breit nahm die Oberbürgermeisterin Stellung zur Situation und bemühte sich, die Bürgerschaft auf sparsame Zeiten einzuschwören. Der Senator für Finanzen erklärte das Dilemma des Haushaltes: „80% unserer Ausgaben sind pflichtige Ausgaben. Während die Kommunen in Deutschland etwa 8% des Steueraufkommens bekommen, erledigen sie 20% der Aufgaben“. Dies führt aktuell leider zu erheblichen Belastungen. Nach aktueller Lage muss man ganz klar sagen: Wir werden es nicht alleine schaffen, die Finanzierungslücke zu schließen“. Es sei somit klar, dass die Stadt noch mehr auf das Konnexitätsprinzip schauen muss – Dieses regelt eigentlich, dass Aufgaben, die von einer anderen Ebene an die Stadt gegeben werden, vollumfänglich bezahlt werden. Dies ist gegenwärtig nicht so. Mit vielen Enthaltungen und wenig Gegenstimmen wurde der Finanzrahmen freigegeben.